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Vorstellung Aurelio Paniagua – Bärenkind 2023/24

Vorstellung Aurelio Paniagua – Bärenkind 2023/24

Das Hornberger "Bärenkind" Aurelio hält seine Eltern, Papa Aurelio und Mama Nina Paniagua, ganz schön auf Trab. So still auf dem Sofa hält er's nicht lange aus.
Das Hornberger „Bärenkind“ Aurelio hält seine Eltern, Papa Aurelio und Mama Nina Paniagua, ganz schön auf Trab. So still auf dem Sofa hält er’s nicht lange aus. ©Claudia Ramsteiner

Aurelio Paniagua aus Hornberg ist ein Jahr lang eines der beiden Hausacher „Bärenkinder“. Der vierjährige Bub kam mit dem Kabuki-Syndrom zur Welt und hat schon 17 Operationen hinter sich.

Nachmittags bei Familie Paniagua in Hornberg. Papa Aurelio geht in die Küche, um dem Redaktionsbesuch einen Tee aufzubrühen. Sohn Aurelio folgt ihm in einem Affenzahn. In einer Art Schneidersitz bewegt er sich auf den Knien fort, weil seine Beine zu schwach sind zum Laufen. Aber diese Fortbewegung beherrscht er perfekt. Der vierjährige Aurelio ist eines der beiden Hausacher „Bärenkinder“. 

Als er im Juni 2019 einen Monat zu früh zur Welt kam, wussten die Eltern bereits, dass ihr Kind eine erhöhte Aufmerksamkeit benötigen würde. Was da wirklich auf sie und ihren Aurelio zukam, hätte aber ihre Vorstellungskraft überstiegen. Ihr Wunschkind kam mit dem Kabuki-Syndrom (Hintergrund) zur Welt. Eine spontane Mutation, die nichts mit den Genen der Eltern zu tun hat. Bei der Chromosomenteilung ist der Natur da ein kapitaler Fehler unterlaufen.

Nieren ohne Funktion

Nach dem Notkaiserschnitt kam der Winzling sofort auf die Intensivstation: Eine Niere war viel zu klein, die andere voller Zysten. Nach ein paar Tagen war klar, dass keine der Nieren funktionieren würde. Aurelio brauchte einen Bauchfellkatheter, eine tägliche Dialyse, und er müsste über eine Magensonde ernährt werden. Eine Gaumenspalte und seine Schwäche machten ihm das Trinken unmöglich. 

Nach acht Tagen durfte er endlich mit Mama und Papa kuscheln, nach einem Monat wurde das Baby auf die Normalstation verlegt, wo seine Eltern mit ihm im Zimmer schlafen durften. Die Paniaguas wohnten damals noch in Freiburg mit kurzen Wegen zur Uniklinik. Erst nach drei Monaten und vielen Operationen durften sie ihr Kind mit nach Hause nehmen – samt der Babydialyse (später Dialysemaschine) und genauen Instruktionen, wie sie diese bedienen müssen. 14 Stunden täglich oder besser nächtlich brauchte er die Dialyse und eine stetige Überwachung. Die Eltern haben in Schichten geschlafen. 

Ein „Mega-Kämpfer“

Mit 14 Monaten wurde Aurelios Gaumenspalte geschlossen – „und nach einer Woche konnte unser Superheld schon wieder lächeln“, erzählt Mama Nina. Auch wenn die letzten vier Jahre ihr Leben völlig verändert haben, strahlen die Eltern eine Fröhlichkeit aus und eine innige Liebe zu ihrem Kind. Ein „Mega-Kämpfer“, und ihnen blieb gar nichts anderes übrig, als mitzukämpfen. 

Künstliche Ernährung

Noch immer wird Aurelio viermal täglich über eine Sonde künstlich ernährt, er wiegt gerade mal zwölf Kilogramm. Inzwischen isst er auch in kleinen Mengen und darf alles probieren, was er will. Die Kalorienzufuhr ist durch die künstliche Ernährung gesichert. Beim Besuch verlangt es ihn nach Erdbeereis. Nach zwei kleinen Löffelchen ist es aber schon wieder genug. 

Eine Niere wurde schon bald entnommen, die andere blieb. Immer wieder war der Kleine mit Blasenentzündungen geplagt. Als er dreimal hintereinander ins Krankenhaus musste mit sehr resistenten Keimen, kam der Verdacht auf, dass diese aus der nicht funktionierenden Niere kamen, die dann auch entfernt wurde. „Und jede OP ist mit großen Ängsten und großen Hoffnungen verbunden“, erzählen die Eltern von den emotionalen Berg- und Talfahrten. 

Seit der Geburt war Aurelio für eine Spenderniere gelistet. Aber es hat ihm an Gewicht gefehlt, eine Transplantation sei erst ab zehn Kilogramm möglich, so Nina Paniagua. Zu gern hätte sie ihrem Sohn selbst eine Niere gespendet, aber die wäre zu groß gewesen. 2022 war das schlimmste Jahr für die junge Familie. Immer wieder kam es zu katheter-assoziierten Entzündungen und die Corona-Pandemie mit der verbundenen Isolation und Infektionsängsten taten ihr Übriges. 

Den Stuhl, in dem Aurelio immer wieder mit viel Unterstützung aufrecht stehen soll, liebt er nicht besonders. Aber er liebt das Kinder-Tablet, das ihm die Eltern genau dafür gekauft haben. Damit lässt es sich dann doch aushalten. 
Den Stuhl, in dem Aurelio immer wieder mit viel Unterstützung aufrecht stehen soll, liebt er nicht besonders. Aber er liebt das Kinder-Tablet, das ihm die Eltern genau dafür gekauft haben. Damit lässt es sich dann doch aushalten.  ©Claudia Ramsteiner

Endlich Spenderniere

Und dann kamen der 11. Mai 2022 und der Anruf: Es gibt eine Spenderniere. Zwölf Stunden Operation, zwölf Stunden Angst und Bangen, dann war es überstanden. Aurelio hatte eine neue Niere und die Eltern neue Hoffnung und eine große Dankbarkeit gegenüber dem unbekannten Spender. Fünf Wochen musste er mit Komplikationen im Krankenhaus bleiben, dann war er acht Monate stabil. Die Medikamente, die das Abstoßen der fremden Niere verhindern sollen, wird er sein Leben lang nehmen müssen. In der Hoffnung, ihr Kind würde nun auch bald Laufen lernen, zog die Familie in die Heimat von Papa Aurelio nach Hornberg. 

Im Sommer planten die Paniaguas ihren ersten Urlaub: Drei Wochen unbeschwert gemeinsam das Hornberger Freibad genießen. Die erste Woche war verregnet, in der zweiten Woche mussten sie mehrmals in die Notaufnahme eilen, die dritte Woche musste Aurelio stationär im Krankenhaus verbringen. 

Die langen Fahrten in den für Aurelio „zuständigen“ Schulkindergarten in Offenburg wären ihm nicht zuzumuten. Bei Tagesmutter Barbara Achstetter fühlt sich der Junge mit seinen zwei „Tagesgeschwistern“ sehr wohl. Nächstes Jahr darf er mit einer Betreuung in den Kindergarten Don Bosco. „Wir wollen, dass er seine Freunde hier in der Stadt hat“, sagt Papa Aurelio. Er arbeitet als Arbeitserzieher in Hornberg, Mama Nina hat wieder eine Stelle als Psychologin in einer Klinik. 

Die 18. Operation steht an

Gerade hat Aurelio seine 17. Operation hinter sich. Die Hüfte ist nicht mitgewachsen. Die Familie ist wieder daheim, Aurelio ist munter – die OP ist aber nicht zufriedenstellend verlaufen. Die 18. wird bald anstehen. Allein in der Uniklinik war Aurelio in den gut vier Jahren 263 Tagen stationär und 117 Tage ambulant. 

Nina und Aurelio Paniagua freuen sich auf den Zusammenhalt zwischen den „Bärenfamilien“, sie wollen anderen Eltern Mut machen, und mit der Geldunterstützung wollen sie einen Fahrstuhl an ihr Haus bauen, weil ungewiss ist, ob Aurelio je laufen können wird. 

Kabuki-Syndrom

Das Kabuki-Syndrom ist ein sehr seltener angeborener Gendefekt. Der Name leitet sich von einer japanischen Form des Theaters ab, weil die Gesichtsmerkmale der Betroffenen an das dort verwendete Augen-Make-up erinnern. Die Symptome des Kabuki-Syndroms können sehr unterschiedlich stark ausfallen, die meisten Betroffenen haben auffällige Gesichtsmerkmale, eine angeborene geistige Behinderung und mehrere organische Fehlbildungen. Unspezifische Anomalien im Skelettaufbau sind ebenfalls sehr häufig wie Luxationen der Hüfte oder Kniescheibe. ⇒Quelle: Wikipedia

Quelle: Offenburger Tageblatt

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