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Jano Fehrenbach – Was wirklich zählt

Jano Fehrenbach – Was wirklich zählt

Von Liebe umfangen: „Bärenkind“ Jano mit den Eltern Nadine Fehrenbach und Alexander Fackler und den Großeltern Markus und Ursula Fehrenbach.
Foto: Claudia Ramsteiner

Jano Fehrenbach ist das zweite Hausacher „Bärenkind“ 2024/25. Der Junge mit dem sehr seltenen MEND-Syndrom löst mit jedem kleinen Fortschritt Freude aus bei den Menschen, die ihn lieben.

„Ich heiße Jano, und ich bin das neue ‚Bärenkind‘.“ Jano strahlt. Das hat er nicht selbst gesagt, Jano kann nicht sprechen, und niemand weiß, ob er jemals sprechen können wird. Aber er kann mit der Hand auf den Knopf eines Geräts schlagen, das diesen Satz von sich gibt. Und vor allem: Er kann sich darüber freuen. Das ist einer der großen Fortschritte, die seine Eltern glücklich machen. Der Vierjährige hat gerade seinen Mittagsschlaf bei seinen Großeltern Markus und Ursula Fehrenbach in Hausach beendet, sitzt auf dem Schoß seines Papas Alexander Fackler und ist gut drauf.

Für Alexander Fackler und Nadine Fehrenbach war während der Schwangerschaft alles in Ordnung. Erst wenige Tage vor der Frühgeburt wurden sie mit dem Verdacht auf eine Hirnfehlbildung bei ihrem Kind zur Feindiagnostik in die Uni-Klinik Freiburg geschickt. „Da haut’s einem erst mal den Boden unter den Füßen weg“, beschreibt Papa Alexander die ersten Gefühle. Der Neurologe hat ihnen erklärt, was auf den Ultraschallbildern zu sehen ist. Nach der Geburt gab es noch weit mehr Komplikationen als gedacht. Jano musste auf der Intensivstation im Inkubator versorgt werden.

Nach vier Wochen durften die Eltern ihren Jano mit nach Hause nehmen. Er brauchte aber weiterhin eine Nasensonde, um genügend Milch zu bekommen, und es folgten ständig Arzt- und Therapietermine. Nach sieben Wochen war bereits die erste Augenoperation fällig. Auf dem rechten Auge wurde ein grauer Star durch eine Linsenentfernung korrigiert und damit eine Sehkraft von etwa 20 Prozent erreicht. Das linke Auge bleibt trotz mehrfacher Eingriffe ohne Sehvermögen.

Die Ansammlung von Hirnwasser führt zu einem erhöhten Druck im Schädelinneren. Jano entwickelte einen Wasserkopf. Mit sechs Monaten bekam er eine Shunt-OP: Das ist ein flexibles Rohrsystem, das überschüssiges Hirnwasser aus den Hirnkammern in den Bauchraum leitet. Nun kamen auch epileptische Anfälle hinzu. „Die waren sehr schlimm für uns alle“, erzählen die Eltern. Es folgten viele Klinikaufenthalte zur medikamentösen Einstellung der Epilepsie, mittlerweile sei ihr Bub sehr gut darauf eingestellt.

„Wir haben gelernt, die ganz kleinen Fortschritte zu sehen.“

Das erste Jahr war ein Corona-Jahr. Die Eltern waren isoliert und auf sich allein gestellt. Wenigstens die Großeltern durften den ersten Geburtstag mitfeiern. Nun gab es auch eine Diagnose: Jano hat das höchst seltene MEND-Syndrom (Hintergrund I). Bestandteile des Syndroms sind bei Jano komplexe Hirnfehlbildungen, eine Hautkrankheit (Ichthyose), die ihn in den ersten Wochen

in eine Membran wie aus Zuckerguss hüllte, eine Muskelschwäche sowie Syndaktylien (zwei zusammengewachsene Finger) und komplexe Augenfehlbildungen. Die Eltern entschlossen sich, auch die betroffenen Finger operieren zu lassen. „Er hat jetzt eine viel bessere Handmotorik. Wir wollten, dass er, wenn schon die anderen Sinne eingeschränkt sind, wenigstens die Hände richtig nutzen kann“, erzählt Mama Nadine.

„Wir haben gelernt, die ganz kleinen Fortschritte zu sehen“, sagen die Eltern. In den ersten zwei Jahren war es oft schwierig, Janos Bedürfnisse zu erkennen. Dass er sie jetzt anschauen kann, dass er lacht, dass er gelernt hat, sich im Liegen selbst umzudrehen, sind solche kleinen Dinge, die große Freude auslösen. Und er liebt alles, was leuchtet und vibriert. Die ganze Familie wurde kreativ, um Jano neue Sehangebote machen zu können, etwa mit einem Glitzerbuch oder mit blinkenden Greiflingen. Jano mag Musik, und er mag es sehr, wenn man mit ihm Bilderbücher anschaut. Am liebsten, wenn der Vorleser eine Stirnlampe aufsetzt, damit die Bilder angeleuchtet werden.

Die Hauterkrankung hat sich stabilisiert. Jano muss aber immer noch häufig gebadet und eingecremt werden. Mit der Hilfe der Logopädie und der Essenstherapie versuchen die Eltern, seine Mundmotorik zu verbessern. Janos Alltag ist weiterhin von vielen Therapien geprägt. Besonderen Spaß macht ihm die Reittherapie, die seine Muskelspannung und seine Kopfkontrolle fördert.

Alle Hilfsmittel müssen beantragt werden. „Wir haben die meisten genehmigt bekommen, aber da kommt einem nichts zugeflogen“, sprechen die beiden vom „großen Zeitfresser Bürokratie“. Jano besucht inzwischen den Kindergarten im Korczak-Haus in Freiburg: „Da ist er sehr gut aufgehoben. Das sind Fachleute, die sich mit allen Themen gut auskennen und Jano liebevoll fördern.“ Und sie haben eigene Physiotherapeuten, damit die Eltern nicht noch zusätzlich dreimal wöchentlich mit Jano zur Therapie fahren müssen. Die Sozialpädagogin Nadine Fehrenbach kann halbtags wieder arbeiten, der Wirtschaftsingenieur Alexander Fackler hat mitfühlende Kollegen, die ihm öfter Homeoffice ermöglichen.

„Es ist ein schönes Gefühl, dass Menschen uns helfen wollen.“

Schon als Jano ein Jahr alt war, wurden sie auf den Hausacher Bärenadvent angesprochen. „Da hätte uns das total überfordert.“ Inzwischen sei aber „etwas Ruhe“ eingekehrt, und sie waren „sehr berührt, als Erwin Moser nun direkt auf uns zukam. Es ist ein schönes Gefühl, dass Menschen uns helfen wollen.“ Nadine Fehrenbach ist mit dem Hausacher Bärenadvent sehr verbunden. Sie hat als ehemalige Hausacherin immer gerne den Bärenadvent unterstützt und das Schicksal der „Bärenkinder“ verfolgt. Völlig ahnungslos, selbst einmal ein solches haben zu werden.

Nach der sehr einsamen Corona-Zeit holen sie nun vieles nach, unternehmen Ausflüge, Kurzurlaube und freuen sich „auf viele Kontakte und auf eine bereichernde Zeit“. Es sei gut, dass mit dem Hausacher Bärenadvent das Thema Behinderung eine große Aufmerksamkeit bekommt. Auch die finanzielle Unterstützung hilft: „Es gibt so viele Dinge, die wir noch nicht abschätzen können“, erzählt Papa Alexander von ihrer kleinen Stadtwohnung, in der sich das Bad nicht behindertengerecht umbauen lässt. Was wird sein, wenn Jano größer wird?

Der Blick nach vorn habe sich stark verkürzt, weil „Pläne eh immer durchkreuzt werden“. Trotzdem schauen Janos Eltern optimistisch in die Zukunft. Sie akzeptieren die Situation so, wie sie ist, und versuchen trotz allem Jano überall dort zu fördern, wo er sich noch entwickeln kann. Weil dieses MEND-Syndrom so selten ist, gibt es keinerlei Prognosen: „Aber wir haben ein fröhliches, zufriedenes Kind. Das zählt!“

Text: Claudia Ramsteiner

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